Siedlungen, Nekropolen und Familienbande. Die Verbindung zwischen Bestattung und Gemeinschaft: Eine slawische Siedlung mit Friedhof bei Nauendorf
September 2025
Im Zuge der bauvorbereitenden Maßnahmen für den sogenannten SuedOstLink konnte westlich von Nauendorf eine große slawische Siedlung mit dazugehörigen Friedhof ergraben werden. Die Grenzen der Siedlung wurden innerhalb des Baufensters lediglich nach Süden hin erfasst. Nach Norden hin umspannt das untersuchte Siedlungsareal 120 Meter und an der breitesten Trassenstelle zirka 40 Meter (Abbildung 1). Um die 600 Befunde wurden auf dem Siedlungsareal untersucht. Hervorzuheben sind hierbei neben zahlreichen Gruben, Gräben und Pfostengruben zwei Tierbesattungen, 16 Grubenhäuser, eine Schöpfstelle, vier Öfen und zwei Feuerstellen. Prägend für die Fundstelle ist das recht chaotisch wirkende System aus Gräben (Abbildung 2).
Diese lassen sich durch ihre Form und Maße in zwei Funktionsarten eingliedern. Die breiteren (zirka einen bis drei Meter) verliefen eher radial im Außenbereich der Siedlung. Diese könnten demnach als Umfassungsgräben zur Verteidigung der Siedlung gedient haben. Die Schmaleren (um 0,5 Meter) waren rechteckig angelegt und verteilten sich über das gesamte Siedlungsareal. Scheinbar lag ihre Funktion in der inneren Abgrenzung zwischen den einzelnen Gehöften. Stratigraphisch sind die Gehöftgräben jünger als die Umfassungsgräben. So kann vermutlich in den Umfassungsgräben mit ihrer fortifikatorischen Funktion ein Frühmittelalterlicher Horizont gesehen werden. Diese älteren Gräben werden nach der Befriedung der Region im Hochmittelalter durch eine offene Dorfstruktur mit Gehöftgräben zur Besitzabgrenzung abgelöst.
Südlich der Siedlung schließt sich ein Gräberfeld mit 44 Bestattungen an (Abbildung 3), welches im Westen über die Grabungsgrenzen hinauszieht. Die fassbare -Ausdehnung beträgt 17 mal 14 Meter. Die Ost-West Ausrichtung der Skelette weist auf eine Christianisierung der Dorfgemeinschaft hin, was die Gräber ebenfalls in das Hochmittelalter datieren könnte.
Befund 1142, ein Grab mit einer Mehrfachbestattung, ist dabei hervorzuheben. Bei dem fast zwei Meter langen und knapp 80 Zentimeter breiten Grab fallen bereits in den oberen Verfüllschichten ungeordnet menschliche Knochen auf. In einer Tiefe von 60 Zentimeter zeichnete sich eine Steinkiste ab, auf deren Deckplatte eine Vielzahl von aus dem Verband gerissenen Menschenknochen dokumentiert wurde, die oberhalb der Deckplatten lagerten. Die Anzahl der unteren Extremitäten belegt, dass diese zu mindestens zwei erwachsenen Individuen gehören. In die mit einer mächtigen Platte verschlossene Steinkiste war eine in der Länge um 60 Zentimeter kürzere gleichfalls aus Steinen gebildete Kiste eingelassen. Darin befand sich im korrekten anatomischen Verband ein Kind (Abbildung 4).
Am westlichen Kopfende, außerhalb der kleinen Steinkiste, ließen sich auf 50 Zentimeter Länge nicht nur die Überreste der ursprünglichen Steinkiste fassen, sondern auch die eines erwachsenen Individuums. Um Platz für die Kinderbestattung zu schaffen, wurden die Knochen zusammengeschoben. Am Fußende, beziehungsweise im Zwischenbereich der beiden Steinkisten, fanden sich einzelne Fußknochen eines erwachsenen Individuums. Hatte man hier einen Verwandten des Kindes zur Seite geräumt, um das zu früh verstorbene Kind auch im Tod wohlbehütet zu wissen?
Weitere nennenswerte Befunde sind zum einem eine der beiden Tierbestattungen, die im Grabungsareal entdeckt wurden - Befund 2074, die Niederlegung eines ausgewachsenen Hundes (Abbildung 5) in einer Siedlungsgrube.Das Tierskelett ist weitestgehend vollständig erhalten und liegt korrekt im anatomischen Verband. Trotz der dunklen Verfärbung der Knochen, weisen diese keine Spuren von Hitzeeinwirkungen auf. Es handelt sich hierbei sehr wahrscheinlich um eine erdbedingte Verfärbung. Bis auf die Überreste des Hundes war die Siedlungsgrube fundleer. Die zweite Tierbestattung (Befund 2142) wurde zirka 25 Meter nördlich in einem Gehöftgraben freigelegt.
Zum anderen wurden auch Gegenstände aus Metall gefunden, beispielsweise ein bronzener Schläfenring (Abbildung 6), der bei der Bestattung eines weiblichen Individuums im Kopfbereich lag. Auch hier gab es keine weiteren Funde.
Text: Markus Fietzeck, Susanne Friederich, Sarah Krohn
Online-Redaktion: Sarah Krohn