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Auch in Bernburg törichte Jungfrauen?

Mai 2001

Während einer archäologischen Ausgrabung in Bernburg, Breite Straße 84, gelang Mitarbeitern des Landesamtes für Archäologie Sachsen-Anhalt ein sehr seltener Fund. Innerhalb einer mächtigen Schwemmschicht, die offensichtlich durch eine Überschwemmung im Mittelalter entstanden ist, wurden auf engstem Raum beieinander vier Fibeln aus Bronze gefunden (Abbildung 1). Bei Fibeln handelt es sich um Spangen, die ähnlich wie heutige Sicherheitsnadeln dazu dienten, Stoff –zum Beispiel Gewänder - zusammenzuhalten. Im Laufe der vielen Jahrhunderte wurden die Fibeln von zunächst schlichten Formen immer prunkvoller ausgestaltet, bis der Schmuckcharakter die Funktion als Gewandhalter immer mehr verdrängte. Letztendlich blieb nur noch die Schmuckfunktion in Form unserer heutigen Broschen erhalten.

Die Frage, wieso vier von diesen Fibeln dicht beieinander in einer Schwemmschicht liegen können, weiß Volker Demuth, der Grabungsleiter, zu erklären: Bei genauer Betrachtung am Mikroskop oder nach Scannen der Fundgegenstände in der Werkstatt des Landesamtes für Archäologie vergrößert, kann man erkennen, dass noch Gewebereste an zwei der Fibeln anhaften (Abbildung 2).

Dies beweist, dass die Schmuckstücke nicht als Einzelfunde in den Boden gelangten, sondern gemeinsam an einem Stoffstück hafteten. Die sich abzeichnenden Gewebereste zeigen eine grobmaschige Struktur, so dass sie sicherlich nicht von einem eng gewebten Stoff stammen. Vielmehr ist daran zu denken, dass sie an einem Schleier oder dergleichen angebracht waren. Die mögliche Tragweise solcher Fibeln veranschaulicht Abbildung 3. Es zeigt den Teilausschnitt einer der ›törichten Jungfrauen‹ aus dem Magdeburger Dom. Auch hier ist die Fibel nicht am Hauptgewand, sondern an einem eher leichten, schleierartigen Stoff befestigt. Dieses Bild hilft auch, die Bernburger Fibeln zu datieren.

Der Meister, der die ›törichten Jungfrauen‹ um 1240 bis 1250 fertigte, hat die damals übliche Bekleidung dargestellt. Das bedeutet, dass derartige Fibeln im 13. Jahrhundert getragen wurden. Eine ähnliche Fibel wurde von Ernst Nickel in seinem Buch ›Der Alte Markt in Magdeburg‹ 1964 veröffentlicht und ebenfalls in das 13. Jahrhundert datiert. Andere Vergleichsfunde, sowie die keramischen Funde aus Bernburg, die aus der gleichen Schicht wie die Fibeln stammen, lassen allerdings auch eine etwas frühere Datierung zu (12. Jahrhundert).

Leider wissen wir nicht, wie das konkrete Kleidungsstück aussah, zu dem die Bernburger Fibeln gehörten. Hafteten sie an einem Schleier, dessen Besitzerin bei einer Hochwasserkatastrophe ums Leben gekommen ist, oder gingen sie mit einem Tuch über Bord, den eine törichte Jungfrau beim Überqueren der Saale verloren hat?


Text: Cornelius Hornig
Online-Redaktion: Anja Lochner-Rechta

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