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Kooperationsprojekt zu Kunstwerken aus der Zeit der DDR in Dessau-Roßlau

Seit Beginn des Jahres 2025 widmet sich ein Kooperationsprojekt der Ostdeutschen Sparkassenstiftung und des Landesamts für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt der Erfassung und Erforschung von baubezogener Kunst und Kunstwerken im öffentlichen Raum aus dem Zeitraum von 1949 bis 1990 in Dessau.

In den über vierzig Jahren zwischen der Staatsgründung der DDR und der deutschen Wiedervereinigung entstand eine Vielzahl an unterschiedlichen Kunstwerken. Bei staatlichen Neubauprojekten war ein Teil der Bausumme verpflichtend der Ausgestaltung der Gebäude mit baubezogener Kunst vorbehalten. Hinzu kommen die Kunstwerke im öffentlichen Raum vor allem in den zahlreichen Neubaugebieten, aber auch in den Zentren der nach dem Krieg wiederaufgebauten Städte. Die Kunst sollte verschönern und zugleich den Aufbau des und die Zukunft im Sozialismus idealisiert verbildlichen. Die Gestaltung der Werke reichte von konkret bis abstrakt, ihr Bildprogramm von propagandistisch bis naturalistisch. Sie weisen ein differenziertes Spektrum an Themen und Motiven auf. Manche entstanden als einfache Ausschmückung, für andere wiederum wurden umfangreiche Wettbewerbe ausgeschrieben, an denen sich die namhaften Künstlerinnen und Künstler der DDR beteiligten.

Die zumeist von den Auftraggebern umrissenen Inhalte wurden mal weiter, mal enger ausgelegt und durch die ausführenden Künstlerinnen und Künstler auf individuelle Art und Weise unter Anwendung vielfältigster Techniken und Materialien umgesetzt. Trotz aller Vorgaben verwirklichte sich in ihnen eine Vielfalt an künstlerischen Ausdrucksformen. Die einzelnen Werke stehen für die Beschränkungen, aber auch für die Freiheiten der Künstlerinnen und Künstler in der DDR bei dem Versuch, den Vorgaben zu entsprechen und trotzdem ihre eigene kreative Identität zu bewahren. Dabei entstand mitnichten nur verordnete Staatskunst, sondern ein differenziertes Spektrum künstlerischen Schaffens. Für all diese Kunstwerke gilt, dass sie mehr als nur Beiwerk sein sollten; sie sollten die Lebenswelt der Menschen ausgestalten und sie gleichsam durchdringen. Baubezogene Kunst und Kunstwerke im öffentlichen Raum waren deshalb integraler Bestandteil einer übergreifenden architektonischen und städtebaulichen Gesamtplanung mit dem Streben nach einer komplexen künstlerischen Gestaltung der Umwelt.

Nach der Wiedervereinigung wurde dem künstlerischen Erbe der DDR zunächst nur wenig Wertschätzung entgegengebracht. Zahlreiche Kunstwerke verschwanden unwiederbringlich. Jene, die erhalten geblieben sind, befinden sich nicht selten in einem schlechten Zustand oder sind sogar in ihrem Bestand bedroht. Dennoch verweisen sie immer noch auf ihren zeittypischen Entstehungskontext in der DDR. Über dreißig Jahre nach der Wiedervereinigung lässt der zeitliche Abstand einen differenzierten Blick zu. Das Fachpublikum in der Kunstgeschichte und der Denkmalpflege hat sich inzwischen über die Besonderheiten der Kunst der DDR verständigt.

Darüber hinaus haben die baubezogene Kunst und die Kunstwerke im öffentlichen Raum auch einen hohen Stellenwert für die Öffentlichkeit. Auch heute noch ist gerade die Kunst Identifikationsfaktor und Bedeutungsträger. Sie ist nicht nur Teil des kulturellen Erbes, sondern auch Teil der lebendigen, kollektiven Reflektion. Für eine jüngere Generation hat sie Zeugniswert, für eine ältere zudem Erinnerungswert. Dies hängt auch mit einem Wandel des historischen Bewusstseins und der vertieften Auseinandersetzung mit der Vergangenheit in der DDR zusammen. Mittlerweile beschäftigt sich eine beachtliche Öffentlichkeit in den neuen Bundesländern mit dem künstlerischen Erbe der DDR, nicht zuletzt geprägt durch Verlusterfahrungen und aus einer Selbstbehauptung heraus.

Das Zentrum von Dessau wurde im Krieg stark zerstört und in den folgenden Jahrzehnten den jeweiligen architektonischen und städtebaulichen Leitbildern der DDR entsprechend wiederaufgebaut. Zudem entstanden am Rand mehrere Neubaugebiete. Die Stadt war die zweitgrößte im Bezirk Halle und wurde nach dem Krieg zu einem der wichtigsten Industriestandorte der DDR ausgebaut. Gerade im neu entstandenen Zentrum findet sich ein umfangreicher Bestand an baubezogener Kunst und Kunstwerken im öffentlichen Raum. Aufgrund der Vielzahl und der Verschiedenheit der Objekte bietet sich die Stadt hervorragend dafür an, sich der Kunstwerke dieser Zeit zu widmen. Auch ist das Zusammenspiel aus Bau- und Kunstwerken im Stadtraum bis heute erlebbar, weshalb sich Dessau für die Vermittlung dieses Erbes besonders anbietet.

Im Rahmen des zweijährigen Projektes werden in einem ersten Schritt etwa 150 bis 200 Objekte aus dem Zeitraum im Stadtgebiet verortet und durch textliche wie bildliche Dokumentation erfasst. In einem zweiten Schritt schließt sich die Erforschung der Kunstwerke an. Neben der Sichtung von Nachlässen und Archivalien sind Gespräche mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen vorgesehen. Recherchiert werden sollen die Entstehungs- und Rezeptionsgeschichten der einzelnen Werke, ebenso die Biografien der Künstlerinnen und Künstler. Auch die Untersuchung von Techniken und Materialien ist vorgesehen. Somit können schon während des Projekts Voraussetzungen für konservatorische und restauratorische Maßnahmen geschaffen werden. In einem dritten Schritt werden die Ergebnisse aufbereitet. Eine Zusammenführung und Nutzbarmachung über den Rahmen des Projekts hinaus ist für die interdisziplinäre Forschung beabsichtigt. In einem vierten Schritt werden die Ergebnisse dem Fachpublikum präsentiert und der Öffentlichkeit vermittelt. Eine nachhaltige Breitenwirkung des ganzen Projekts ist durch eine entsprechende Vermittlung von Anfang an vorgesehen.

Die Kunstwerke aus der Zeit der DDR sind Teil der jüngeren Kulturgeschichte Sachsen-Anhalts. Sie enthalten Informationen über die Vergangenheit und ermöglichen Erkenntnisse über die spezifischen Bedingungen ihrer Entstehungszeit. Sie sind nicht nur künstlerisches Zeugnis, sondern auch kulturgeschichtliches Zeitdokument. Ihnen kommt damit in Bezug auf die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit eine besondere Bedeutung zu. Dieser Tatsache trägt das Kooperationsprojekt der Ostdeutschen Sparkassenstiftung und des Landesamts Rechnung. Durch die grundlegende und umfängliche Erfassung und Erforschung der baubezogenen Kunst und der Kunstwerke im öffentlichen Raum aus dem Zeitraum von 1949 bis 1990 in Dessau wird ein wichtiger Beitrag zur Erschließung und Bewahrung dieses künstlerischen Erbes geleistet.

Kontakt

Für Anregungen und Anfragen erreichen Sie das Projektteam unter baukunst-dessau@lda.stk.sachsen-anhalt.de.

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