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Wandmalerei, Benediktinerkloster, Huysburg

Mai 2014

In der Klausur des Benediktinerklosters auf der Huysburg wurde vor einigen Jahren das Fragment einer spätromanischen Apsisausmalung freigelegt, das trotz seiner geringen Größe (maximale Höhe 1,20 Meter, maximale Breite 0,85 Meter) durch den außerordentlich guten Erhaltungszustand und die Frische der Farben beeindruckt (Abbildung 1). Aufgrund der herausragenden Qualität darf es sicher zu den bedeutendsten erhaltenen Wandmalereien seiner Zeit in Sachsen-Anhalt gezählt werden.

Die kostbare Malerei befindet sich in einem der Hauptapsis der Kirche östlich vorgelagerten Raum, der Teile einer Kapelle aus dem 11. Jahrhundert enthält. Die heute bestehende romanische Basilika wurde 1121 geweiht, Teile des Vorgängerbaus nutzte man jedoch noch einige Jahrhunderte weiter. Dort erhielt eine kleine Nebenapsis im 2. Viertel des 13. Jahrhunderts eine aufwendige Ausmalung, von der ein Teil hinter einer Vermauerung bewahrt wurde. Die Malerei stellt anscheinend den ersten und einzigen Farbauftrag in dieser Apsis dar. Es handelt sich, wie seinerzeit üblich, um eine Kalkseccomalerei.

Auf dem Fragment sind in einer oberen Zone ein Engel und eine stehende männliche Gestalt zu sehen (Abbildung 2). Letztere trägt einen Heiligenschein und wendet sich mit betend erhobenen Händen dem ehemaligen Zentrum der Apsis zu. Barhäuptig und barfüßig trägt sie in antiker Tradition über einem weißen Untergewand eine knöchellange Tunika und ein weißes Pallium. Das schmale Gesicht wird von weißem Haar und einem längeren Bart eingefasst. Leider ist die erhaltene Person durch keinerlei Attribut ausgezeichnet. Allein Haartracht und Kleidung können Hinweise darauf geben, dass es sich um einen der Apostelfürsten Petrus und Paulus oder auch um den Apostel Andreas gehandelt haben könnte.

Der blondgelockte Engel ist mit einem weißen Untergewand und einem roten Mantel bekleidet. Er macht einen weiten Ausfallschritt nach rechts, wendet aber gleichzeitig seinen Oberkörper so zurück, dass er mit den ausgestreckten Armen nach einer heute nur noch fragmentarisch erhaltenen Aureole greift. Die in diesem eine ganze Gestalt umschließenden Heiligenschein abgebildete Thematik kann jedoch nicht mehr abgelesen werden. Wahrscheinlich handelte es sich um eine Christus- oder eine Mariendarstellung.

Die untere Zone der Apsisausmalung war durch eine umlaufende Rundbogenarchitektur gegliedert. In der äußeren rechten Arkade ist eine gekrönte weibliche Heilige mit einem Palmzweig dargestellt, die sich nach links, also zur Apsismitte wendet. Die Heilige trägt ein rotes Gewand mit einer breiten Goldborte am Halsausschnitt sowie einen weißen Mantel. Das längliche Gesicht mit großen dunklen Augen und kräftig geröteten Wangen wird von langem blondem Haar eingefasst, das in einer Strähne bis auf die Brust fällt. Kinnlinie, Nase, Augenlider und Stirn erhalten durch ockerfarbene Schattenlinien Plastizität. Im Arkadenbogen gibt eine Inschrift ihren Namen »CVNIGVNDIS« an. Die 1033 verstorbene Herrscherin, Gemahlin des letzten ottonischen Kaisers Heinrich II., wurde im Jahr 1200 heilig gesprochen. Schon frühzeitig ist die Verehrung der heiligen Kunigunde im Harzumfeld nachweisbar. So sind im Hildesheimer Dom bereits 1206 Kunigundenreliquien vorhanden, und im Halberstädter Liebfrauenstift existierte schon vor 1212 ein Kunigundenaltar.

Die folgende Arkade nimmt, mit Mitra und Stab gekennzeichnet, ein heiliger Bischof ein. Die Inschrift weist ihn als »S BLASI[US]« aus. Die Auswahl des heiligen Blasius könnte auf einen Einfluss aus Braunschweig hindeuten. Bereits bei der Einrichtung des alten Burgstifts von Dankwarderode im 11. Jahrhundert wird dieser Heilige genannt. Von Heinrich dem Löwen scheint er bevorzugt worden zu sein. Für die 1173 von ihm begonnene, als Grablege eingerichtete neue Stiftskirche in Braunschweig wurde Blasius neben Johannes dem Täufer zu einem der Haupt- und Titelpatrone gewählt.

Der unbekannte Meister, der diese vorzügliche Malerei schuf, muss mit den aktuellen Kunstströmungen und hochkarätigen Kunstwerken seiner Zeit vor allem im Harzumland vertraut gewesen sein. Vergleichbare, heute noch erhaltene Wandmalereien befinden sich etwa in der St.-Marienberg-Kirche in Helmstedt, in der ehemaligen Stiftskirche St. Blasien (dem heutigen Dom) zu Braunschweig, in der St.-Michaels-Kirche in Hildesheim (bemalte Holzdecke), in der Thomaskirche von Pretzien oder der Halberstädter Liebfrauenkirche. Aber auch in der im Raum Hildesheim-Halberstadt entstandenen, hochqualitätvollen Buchmalerei des 2. Viertels des 13. Jahrhunderts, wie zum Beispiel dem Goslarer Evangeliar, sind vielfach Parallelen zu erkennen.


Text: Barbara Pregla
Online-Redaktion: Anja Lochner-Rechta

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