»Roter Salon«, Leinwandtapete, Herrenhaus, Ermlitz
September 2014
Am südlichen Ortsrand von Ermlitz liegt das gleichnamige Gut, das sich mit Herrenhaus, Neben- und Stallgebäuden sowie einer weitläufigen Parkanlage bis zur Aue der Weißen Elster erstreckt. Das damalige Rittergut wurde 1771 von dem Leipziger Juristen und Ratsherren Heinrich Friedrich Innocenz Apel (1732 bis 1802) erworben.
Die umfangreiche Bibliothek und die erhaltenen Briefwechsel geben Zeugnis von der kulturpolitischen Bedeutung des Ensembles. Mehrere Generationen der Familie Apel haben hier Kontakte zu Künstlern und Intellektuellen gepflegt, zu denen unter anderen Carl Maria von Weber, Richard Wagner und Felix Mendelssohn Bartholdy gehörten.
Das Herrenhaus wurde (laut dendrochronologischer Untersuchung eines Deckenbalkens) um 1765 erbaut. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts erfolgten neben dem Turmanbau auch Umbauten im Erdgeschoss. Das Obergeschoss mit der Enfilade, einer Abfolge von insgesamt fünf repräsentativen Räumen, blieb dagegen weitestgehend unverändert. Hier sind die wertvollen Raumdekorationen in Form von bauzeitlichen Stuckdecken sowie der bemalten Leinwandtapeten (um 1770) noch nahezu komplett erhalten geblieben, wenn auch letztere in vier Räumen noch stark restaurierungsbedürftig sind. In ihrer Vollständigkeit, relativen Unberührtheit und außerordentlich hohen Qualität zählen diese Rokokotapeten zu einem einzigartigen Zeugnis bürgerlicher Repräsentation in Deutschland.
Die Enfilade umfasst zur Gartenseite hin fünf Gesellschaftszimmer: den zentral gelegenen, sogenannten »Weißen Salon«, dem sich auf südlicher Seite der »Rote Salon« und das »Galante Kabinett« anschließen. Auf der nördlichen Seite liegen zwei kleinere Räume, deren Wandbespannungen mit floralen und ornamentalen Motiven bemalt sind.
In dem bereits restaurierten »Roten Salon«, der nach seinem roten Fayenceofen benannt ist, sind Szenen des gesellschaftlichen Lebens im Lauf der Jahreszeiten in grisailleartiger Malerei dargestellt. Diese sind von einer aufwendig gemalten Rocaillerahmung umfasst, in die neben detailreichen Blumengebinden auch kleine Landschaften und allegorische Stillleben eingebunden sind (Abbildung 1).
Das hier ausgewählte Detail entstammt einem Solchen an der Nordwand (Nordostecke). Dargestellt sind Apothekergläschen und -fläschchen mit diversen Spezereien und lateinischer Beschriftung (Abbildung 2). Die Malerei ist in Leimfarbentechnik ausgeführt, also wässrig mit Leim, Stärke und Gummi Arabicum gebunden. Sie ist nicht gefirnisst und dementsprechend hochempfindlich. Da die darunter liegende weiße Grundierung sehr dünn ausgeführt ist, kann man aus nächster Nähe an vielen Stellen die Leinwandstruktur des feinen Flachsgewebes deutlich erkennen, was der Malerei zusätzlichen Reiz verleiht.
In einem von der Hermann-Reemtsma-Stiftung geförderten Projekt wurden von der Hochschule für Bildende Künste Dresden, Fachbereich Restaurierung, umfangreiche Voruntersuchungen durchgeführt sowie die gesamten Leinwandbespannungen im »Roten Salon« restauriert und wieder angebracht (2008 bis 2010).
Text: Karoline Danz
Online-Redaktion: Anja Lochner-Rechta