Jahrgang 2010
Seit in den östlichen Bundesländern eine gezielte archäologische Luftbildprospektion möglich geworden ist, wurden auch bis dahin noch weitgehend unbekannte großräumige Siedlungs- und Gräberfeldstrukturen bekannt. Eine ganz besondere Gruppe von Befunden wurde in hoher Anzahl sichtbar. Es handelte sich um viele hundert Meter lange Reihen aus runden, ovalen oder rechteckigen Gruben, die gelegentlich in geschlossene Gräben übergehen. Schon durch die auffällige Verbreitung solcher Reihen ausschließlich in einem engeren Gebiet in Mitteldeutschland erweckten sie das Interesse der Archäologen.
Die knapp 1800 Einwohner zählende Stadt Arneburg liegt am linken Elbufer etwa 20 bis 25 Meter über dem Fluss am Ostrand der gleichnamigen Hochfläche. Der markanteste Punkt ist die bereits im Jahr 978 erwähnte Burg, deren Bedeutung bis in die Zeit des 30jährigen Krieges reichte. Die der Burg zu Füßen liegende Siedlung wird 1338 erstmalig als »civitas« bezeichnet. Von Mitte Mai bis Ende September 2009 wurden in der Breiten Straße neue Regenwasser-, Abwasser- und Trinkwasserleitungen verlegt. Zu den während der baubegleitenden archäologischen Untersuchungen aufgedeckten Befunden gehört auch ein Anzahl hölzerner Wasserleitungen.
Anhand zweier fast vollständig erhaltener Tierskelette aus der Fundstelle Neumark-Nord 1, circa 20 Kilometer südwestlich von Halle im Geiseltal gelegen, kann man ein urzeitliches Jagdszenario entwerfen, wie es sich vor 200.000 Jahren so abgespielt haben könnte. Die Protagonisten sind ein großer, etwa 7-jähriger männlicher Damhirsch (Dama dama geiselana) und eine nicht übermäßig große, etwa 10-jährige Höhlenlöwin (Panthera leo spelaea).
Luftbildarchäologie ist eine schon lange eingeführte Methode der Schnellerkundung in der Archäologie. Das Prinzip ist offenbar schon weitaus länger bekannt als seine praktische Anwendung. Eine Handzeichnung vom Anfang des 17. Jahrhunderts aus dem Archiv der Marienbibliothek in Halle, die mit einigen Vorbehalten Schülern des Botanikers Leonhard Fuchs zugeschrieben wird, erläutert das Zustandekommen von positiven und negativen Bewuchsmerkmalen im Ackerbau durch unterschiedlicher Bodenverhältnisse.
Unterwasserfunde waren in Sachsen-Anhalt in der Vergangenheit die absolute Ausnahme. Die Seen und Flüsse des Landes traten archäologisch kaum in Erscheinung. Das änderte sich jedoch mit der Entdeckung eines Einbaums im Arendsee im Norden Sachsen-Anhalts (Abb. 1)durch einen Sporttaucher des Tauchclubs Arendsee e. V. (TCA) Ende des Jahres 2003. Weitere Unterwasserfunde der Sporttaucher, insbesondere von Hans-Henning Schindler, Hartmut Schindler und Rüdiger Pohlmann, erwiesen sich in der Folgezeit als sehr bedeutsam und begründeten seit April 2004 eine kontinuierliche Zusammenarbeit zwischen den Sporttauchern und dem Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt.
Im Zuge der geplanten ICE-Neubaustrecke Erfurt-Halle/Leipzig sind im Vorfeld des Baubetriebs archäologische Arbeiten erforderlich. Diese erstrecken sich im Bereich der Querfurter Platte auf eine Länge von circa 22 Kilometer und betreffen im Abschnitt 2.4/X eine Fläche von über 15 Hektar Größe östlich des Ortskerns von Bad Lauchstädt im Saalekreis.
Die archäologischen Untersuchungen an der neuen ICE-Trasse haben Mitte September 2008 begonnen und werden bis Ende Juni 2010 andauern.
Die Wahrscheinlichkeit, bei den zwischen März 2008 und Dezember 2009 durchgeführten Grabungen im Umfeld von St. Sebastian noch bauliche Überreste des Sebastianstifts zu finden, war daher nicht hoch und entsprechend gering waren die Erwartungen. Es war also durchaus überraschend, als bei der Erneuerung des Straßenkörpers in der Max-Josef-Metzgerstraße vor dem Westportal der Kirche und knapp unter der Asphaltdecke Mauern zum Vorschein kamen.
Wiederholt entdeckten Sporttaucher im nördlichsten See des Landes, dem Arendsee, Zeugnisse versunkener Infrastruktur, so Wege und Reste einer Mühle. Doch wie können einstige Verbindungswege und Bauten in einem Binnensee mehrere Meter unter Wasser geraten? Antwort gibt die komplizierte Entstehungsgeschichte dieses Sees, die in jüngster Zeit interdisziplinär erforscht wurde. Geologen, Limnologen, Biologen und Archäologen gelangten dabei zu neuen Erkenntnissen, ohne jedoch die Seeentwicklung bislang in allen Aspekten erschließen zu können.
Die Erweiterung des auf dem Burgberg Tangermünde eingerichteten Schlosshotels um einen modernen Wellnessbereich, inklusive eines Swimmingpools, machte von Oktober bis November 2009 eine archäologische Baubegleitung der Ausschachtungsarbeiten im nördlichen Bereich der Burg notwendig. Neben alten Mauerzügen und Pfostensetzungen eines Gebäudes mit mindestens zwei Innenräumen mit Estrichboden und einem Eingang im Westen, fanden sich Fragmente mittelalterlicher und neuzeitlicher Keramik, jedoch nicht eher als aus dem 13. Jahrhundert. Holzkohlenschichten lassen ein Schadfeuer vermuten, in dessen Folge möglicherweise das Gebäude aufgegeben wurde.
Im Vorlauf des Neubaus der ICE-Strecke Erfurt-Halle/Leipzig wurden von Herbst 2008 bis Mitte 2010 im Gebiet der Querfurter Platte archäologische Untersuchungen durchgeführt. Unter den zahlreichen Ausgrabungsstellen entlang des 22 Kilometer langen Untersuchungsstreifens befinden sich auf einem Höhenrücken bei Oechlitz (Saalekreis) gleich mehrere bemerkenswerte Fundstellen. Beginnend im Frühneolithikum erstreckt sich die Archäologie dieses Grabungsabschnittes bis in das Hochmittelalter.
Nördlich des Benediktinerinnen-Klosters am westlichen Stadtrand von Arendsee in der Altmark liegt im gleichnamigen See in mehr als 30 Meter Tiefe ein gesunkenes flachbodiges Lastschiff, das Wrack eines sogenannten Prahms. Dieses von Sporttauchern des Tauchclubs Arendsee (TCA) bereits 1990 entdeckte Fahrzeug wurde vor einigen Jahren gemeinsam mit Taucharchäologen des Landesamtes für Kultur und Denkmalpflege Mecklenburg-Vorpommerns betaucht und begutachtet.
Die zukünftige ICE-Trasse Erfurt – Leipzig / Halle führt östlich an Niederwünsch (Saalekreis) vorbei. Der Ort ist schon im Hersfelder Zehntverzeichnis unter dem Namen ›unschi‹ für das späte 9. Jahrhundert erwähnt. Der Name lässt auf eine vormals slawische Bevölkerung schließen. Bei den archäologischen Untersuchungen der Jahre 2008 bis 2010 entlang der ICE-Trasse konnten nun auch Spuren der slawischen Bevölkerung erfasst werden.