Taufstein, Kirche St. Briccius, Halle-Trotha
Juli 2018
Mittelalterliche Taufsteine verfügen über große Dimensionen. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass die Kinder beim Taufakt vollständig untergetaucht worden sind. Der Ritus dieser sogenannten Immersionstaufe änderte sich allmählich im 15./16. Jahrhundert zur Infusionstaufe, dem Übergießen des Täuflings mit Wasser. So besitzt auch die hier gezeigte Fünte aus der Kirche von Trotha (Stadt Halle) mit einem Durchmesser von 90 und einer Höhe von 80 Zentimetern beachtliche Ausmaße. Hergestellt wurde die achteckige Taufe aus Nebraer Sandstein, was ihre rötliche Färbung begründet. In der Wandung des fast 50 Zentimeter tiefen Beckens ist eine Ablassöffnung für das Taufwasser eingearbeitet (Abbildung 1). Für den Taufstein einer Dorfkirche ist die Trothaer Fünte ungewöhnlich reich geziert. In jedem der acht Seitenfelder schwebt eine Figur zwischen den Säulen einer Arkatur.
Die Teilungssäulchen stehen auf attischen Basen mit Eckspornen, haben Kapitelle mit Blattornamenten und strukturierte Schäfte. Obere und untere Rahmung bilden umlaufende Palmettenblattfriese. Durch die mit romanischen Majuskeln beschrifteten Bögen werden die darunter positionierten, nimbierten Heiligen personifiziert. Zweifellos sind Christus, die Gottesmutter Maria und Petrus zu bestimmen, Johannes und Bischof Godehard mit hoher Wahrscheinlichkeit (Abbildung 2). Die anderen inschriftlichen Zuweisungen sind nicht zweifelsfrei bzw. – auch aufgrund von Zerstörungen – überhaupt nicht mehr zu entziffern. Von den Attributen sind der Krummstab, Kasel und Bücher zu erkennen, aber auch brett- und sichelartige Gegenstände. Die Figuren können in ihrer Auffassung zwar als streng romanisch beschrieben werden, sind jedoch wegen einer gewissen handwerklichen Derbheit in der Ausführung für genauere zeitliche Ansprachen ungeeignet. So muss die Datierung vorrangig über die angebrachte Ornamentik erfolgen, die eine Entstehung der Taufe im letzten Viertel des 12. Jahrhunderts nahelegt. Gut vergleichbar mit der Trothaer Fünte ist der Taufstein der Merseburger St.-Thomas-Kirche, der heute in der Vorhalle des Merseburger Domes steht und um 1180 entstand. Selbst wenn die Merseburger Taufe in ihrer Ausarbeitung und Ornamentik feiner und qualitätvoller als die Trothaer ist, stehen sich beide konzeptionell sehr nahe.
Der heute im Kunstmuseum Moritzburg ausgestellte Taufstein stammt ursprünglich aus der St.-Briccius-Kirche des im Jahr 1900 nach Halle eingemeindeten Dorfes Trotha (Abbildung 3). Das im Kern spätromanische Gotteshaus mit charakteristischem Querwestturm erfuhr 1910/11 einen die Südansicht prägenden Anbau eines Seitenschiffes im Stil der Reformarchitektur. Bereits 1842 befand sich der Taufstein im Besitz des Thüringisch-Sächsischen Geschichtsvereins und fand so den Weg in die Moritzburg.
Text: Dirk Höhne
Online-Redaktion: Anja Lochner-Rechta