Landgericht, Hansering 13, Halle (Saale)
Dezember 2023
Das opulente Portal (Abbildung 1) des heute als Landgericht genutzten ehemaligen Zivilgerichtes in Halle (Saale) ist lediglich der Auftakt zu dem von 2011 bis 2013 sanierten Bauwerk, das in seiner Farbenpracht und Dekorationsfülle unvergleichlich ist (Abbildung 2). Das Besondere dieses Justizpalastes ist seine starke Farbigkeit, die 1904/05 erstmals in Preußen an einem öffentlichen Gebäude in diesem Ausmaß Verwendung fand, angeregt durch den Farbenreichtum der Architektur im klassischen Altertum und im Mittelalter. So werden nicht nur die Architekturteile akzentuiert, sondern teils auch der bildkünstlerische Schmuck am und im Haus, so die zahlreichen Sinnsprüche, die Figuren und die Wappen.
Am 1. April 1901 übertrug man unter Leitung des königlich-preußischen Geheimen Oberbaurates Paul Thoemer (1851 bis 1918) dem Landbauinspektor Karl Illert (1856 bis 1907) die örtliche Bauleitung für das neu zu errichtende Justizgebäude. Ihm oblagen damit die Ausführung und die architektonische Durchbildung des Gebäudes. Als Inspirationsquelle dienten Illert insbesondere die spätmittelalterlichen Baudenkmäler Mitteldeutschlands, wobei hier gotische und Formen der Frührenaissance dominieren.
Prominentes Vorbild für das Portal in seinem architektonischen Aufbau war das Renaissanceportal der halleschen Ratswaage von circa 1580, das heute auf dem Hof der Moritzburg aufgestellt ist. Für die Rundstäbe mit ihren Verzierungen finden sich Beispiele an den Eingängen in die Marktkirche. Wesentlich bestimmt wird das Portal durch die in gotischen Majuskeln gesetzte vergoldete Inschrift »Recht muss Recht« bleiben in der Mitte der Bekrönung. Dieser Grundsatz geht auf den Psalm 94,15 in der Übersetzung von Martin Luther zurück. Flankiert wird der Schriftzug von zwei schwarzen Adlern, dem Wappentier des Königreichs Preußen und des Deutschen Kaiserreiches. Des Weiteren verweisen die Waage auf die Gerechtigkeit und die gesiegelte Schriftrolle auf das Urteil. Darunter flankieren den Eingang die Bildnismedaillons des damaligen Justizministers Karl Heinrich Schönstedt (1833 bis 1924) und des Staatssekretärs des Reichsjustizamtes Arnold Nieberding (1838 bis 1912). Die Jahreszahl 1905 im Oberlicht der Tür steht für das Jahr der Einweihung, denn der Bau war bereits nach viereinhalb Jahren bezugsfertig.
Wenn Sie als Besucher nach Halle kommen, sollten Sie es nicht versäumen, sich dieses Gericht anzusehen. Im Inneren erwartet Sie neben einer großartigen Treppenhalle mit Sterngewölbe eine eindrucksvolle Farbenpracht.
Text: Sabine Meinel
Online-Redaktion: Anja Lochner-Rechta