Karolingerzeitliches Grenzkastell bei Magdeburg lokalisiert
29. Oktober 2019
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Die Vierte Biederitzer Immobilienbesitz GmbH & Co.KG plant im Ortskern von Biederitz im Landkreis Jerichower Land, ungefähr 6 Kilometer nordöstlich von Magdeburg, den Neubau eines seniorengerechten Wohnhauses. Erste archäologische Untersuchungen erbrachten Funde und Befunde aus dem Mittelalter, die zu einer flächigen Ausgrabung führten. Diese fand im Bauvorfeld mit einem Team von fünf Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt auf einer Fläche von ungefähr 1.060 Quadratmetern von Mitte August bis Ende Oktober 2019 statt.
Auf einem in die Elbe hineinreichenden Geländesporn wurde ein Ausschnitt eines karolingerzeitlichen Kastells aufgedeckt. In den südfranzösischen Klöstern Moissac und Aniane befindliche Abschriften einer karolingischen Chronik bezeichnen die Lage des Militärkastells als »ad aquilonem partem Albie contra Magadaburg« (im nördlich gelegenen Teil der Elbe gegenüber von Magdeburg). Die Anlage wurde an der Ostgrenze des Fränkischen Reichs errichtet – unmittelbar nach Beendigung der sich über mehr als 30 Jahre hinziehenden Sachsenkriege (772 bis 805 nach Christus). Im Magdeburger Raum wurde dadurch der östliche Saum des sächsischen Siedlungsgebietes zur Reichsgrenze gegenüber den Slawen festgelegt. Bereits im Dezember des Jahres 805 verordnete Karl der Große im sogenannten Diedenhofer Kapitular, dass in Magdeburg und anderen Grenzorten die Kaufleute, die mit Slawen und Awaren Handel trieben, kontrolliert werden sollten, um eine Waffenausfuhr zu verhindern.
Die Lage der Ausgrabungsstätte in Biederitz stimmt mit den Angaben aus der schriftlichen Überlieferung zur Lage des Grenzkastells gegenüber von Magdeburg überein. Weitere Indizien sprechen für eine Identifikation mit dem erwähnten Kastell. So wurde ein Wall-Graben-System einer Befestigungsanlage aus der Zeit um 800 dokumentiert. Es handelt sich um zwei Wälle mit jeweils vorgelagertem Graben. Der innere Graben ist 13 Meter breit und 3,5 Meter tief, der äußere ist fünf Meter breit und 1,5 Meter tief. Aus vergleichbaren karolingischen Anlagen sind ganz ähnliche Befestigungswerke bekannt. Das Fundmaterial des inneren Grabens zeigt ein hohes Aufkommen an Holzkohle, Tierknochen und wenigen Keramikfragmenten. Der äußere Graben erscheint dagegen homogener und trägt weniger Fundmaterial.
Im Vorfeld dieser Befestigungsanlage wurden Reste von zwei Grubenhäusern erfasst, die, neben Spinnwirteln, einem Knochenpfriem und Backtellerfragmenten, vorwiegend unverziertes Keramikmaterial des 8./9. Jahrhunderts n. Chr. beinhalteten. Bisher noch fraglich in der Datierung bleibt ein Pferdeskelett über dem vermutlichen Grabenkopf des äußeren kleinen Grabens.
Nicht unerwähnt bleiben soll, dass es in der Forschung bereits etliche Vorschläge zur Identifikation des karolingischen Gegenkastells von Magdeburg gegeben hat. Sie sind aber aus topografischer sowie chronologischer Sicht und/oder aufgrund zu großer Distanzen zur in den Quellen beschriebenen Lage eher unwahrscheinlich.
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