Mit Urne am Rand - Eine Steinpackung der Saalemündungsgruppe bei Köthen
Juli 2024
Von Mai bis Dezember 2011 wurde südöstlich von Köthen im Landkreis Bitterfeld-Anhalt die sogenannte Fundstelle 52, die westlichste des Planabschnitts 16, untersucht. Sie lag untermittelbar östlich der Bundestraße 183 kurz nach dem Ortsausgang (Abbildung 1). Es handelte sich um ein 4,7 Hektar großes Areal, auf dem etwa 2000 archäologische Befunde verschiedener Zeitstufen dokumentiert wurden.
Einem dieser Befunde widmet sich der Fund des Monats Juli genauer. Es handelt sich um Befund 271, der im Zentrum einer Kreisgrabenanlage lag und bereits bei der im Vorfeld der Grabungen stattgefundenen geomagnetischen Prospektion deutlich erkennbar war. Direkt unter dem Pflughorizont zeichnete sich eine Nordwest-Südost orientierte, rechteckige Grube deutlich ab (Abbildung 2). Am östlichen Eckbereich des Befundes wurde eine Pfostengrube freigelegt, die unmittelbar an die Steinpackung grenzte. Mit Maßen von 3,65 mal 1,55 Meter handelt es sich um eine größere Steinpackung, die im darauffolgenden Planum zusehends kompakter wurde (Abbildung 3). In einer Befundtiefe von etwa 30 Zentimeter fanden sich in und um einen steinfreien Bereich etwas Leichenbrand und Fragmente von zwei Gefäßen (Abbildung 4).
Bei einer Befundtiefe von 25 Zentimetern tauchten kleinere Gerölle direkt an der südöstlichen Längsseite in Richtung des südlichen Eckbereiches der Steinpackung auf. In den vorherigen Plana gab es keine Hinweise auf diesen Befund. Die Gerölle waren kompakt gesetzt und ließen wenig tiefer eine kreisförmige Struktur zunehmender Größe erkennen. Dieser Bereich wurde scheinbar von einem aufrechtstehenden, plattigen Stein von der restlichen Steinpackung abgetrennt (Abbildung 5). Auch nach Auflösung der kleineren, kreisförmigen Steinpackung war die kleinere, kreisförmige Struktur weiterhin vorhanden. Darüber hinaus vergrößerte sich ihr Umfang mit zunehmender Tiefe. Dadurch wurde deutlich, dass sich ein Teil unter der großen Steinpackung befand. Dennoch ließ die Architektur des kleinen Befundes auf eine Gleichzeitigkeit zur Steinpackung schließen.
Erst in einer Tiefe von 90 Zentimeter im anstehenden Boden wurde nach Entfernen eines großen, flachen Steins der Rand einer Zylinderhalsterrine sichtbar, diese besitzt einen Mündungsdurchmesser von 36 Zentimetern (Abbildung 6). Es handelt sich um eine charakteristische Gefäßform der älteren Saalemündungsgruppe, jedoch ist Fehlen jeglicher Verzierung ungewöhnlich.
Beim Ausnehmen der Urne fand sich im oberen Teil des Gefäßinhaltes zwischen sehr groben Leichenbrand eine Bronzepinzette aus gebogenem Blech (Abbildungen 7 und 8). Sie besitzt einen schlaufenförmigen Bügel, deutliche ausgeprägte Wangen und eine Länge von 6,1 Zentimetern.
Eine anthropologische Untersuchung des Leichenbrandes steht zurzeit noch aus. Jedoch wurde nach einer ersten Sichtung festgestellt, dass sich in der Urne die sterblichen Überreste mindestens eines erwachsenen Individuums, eines Kindes und eines Tieres befanden (Abbildung 9). Schnitt- und Hackspuren an vereinzelten Knochen zeugen von einer Zertrümmerung größerer Knochenfragmente. Eine Schichtung des Leichenbrandes konnte beim Ausnehmen der Urne nicht erkannt werden.
Bislang einmalig ist die Struktur des Befundes in Form einer großen, fundarmen Steinpackung und des kleinen ›Anbaus‹ mit der großen Urne und der Bronzebeigabe. Es entsteht der Eindruck, dass durch die große Steinpackung die eigentliche Bestattung vor ungewollten nachträglichen Eingriffen wie Beraubung geschützt werden sollte.
Weitere Informationen zu den Ausgrabungen im Bereich der Fundstelle 52 sowie zu den weiteren Ausgrabungsstellen im Bereich der B 6n nahe Köthen finden Sie in der Neuerscheinung des Landesamtes für Archäologie und Denkmalpflege Sachsen-Anhalt: ›Der Raum Köthen. Archäologie entlang der B 6n im Landkreis Anhalt-Bitterfeld. Archäologie in Sachsen-Anhalt Sonderband 32‹.
Text: Xandra Dalidowski
Online-Redaktion: Anja Lochner-Rechta