Taubenpfeiler auf dem Pfarrhof, Schulstraße 10, Gatersleben
August 2017
In der Mitte des gepflasterten Pfarrhofes befindet sich ein stattlicher Taubenpfeiler, der sich aufgrund seiner Baugestalt von der Mehrzahl der erhaltenen Taubenhäuser abhebt (Abbildung 1). Anders als andere Taubenpfeiler ist der runde Bruchsteinpfeiler nicht mit einem polygonalen Aufsatz in Fachwerkbauweise und Kegeldach versehen, sondern mit einem kreuzförmigen, hölzernen Stallaufsatz auf pyramidalen Verstrebungen. Alle vier Aufsätze besitzen eine Tonziegeldeckung mit Kalkleisten. Die Flanken der Aufsätze sind heute durch eine Holzverkleidung verschlossen, zu vermuten ist jedoch ursprünglich eine Vielzahl von Einfluglöchern. Heute besitzen nur noch die Stirnseiten Öffnungen. Der Turm hat ebenerdig eine niedrige Holztür.
Taubenhäuser dokumentieren die Tradition der Taubenzucht- und -haltung im ländlichen Raum und sind als solche wichtige kulturhistorische Zeugnisse. Das Halten von Tauben war neben der Landwirtschaft und Viehhaltung Teil der ländlichen Selbstversorgung. Sie diente zugleich der Unkrautbekämpfung auf den umliegenden Feldern. Auch zum Gaterslebener Pfarrhof gehörte nachweislich umfangreiches Ackerland.
Der Gaterslebener Taubenturm, der 1996 umfassend saniert wurde, besitzt aufgrund seiner Baugestalt im Landkreis Seltenheitswert. Als Vergleichsobjekte im Land Sachsen-Anhalt wäre etwa auf den Taubenpfeiler des Pfarrhofes Erdeborn (Landkreis Mansfeld-Südharz) zu verweisen, dessen hölzerner Stallaufsatz auch die angesprochene Vielzahl an Einflugöffnungen besitzt. Auch das südlich der Klosterkirche Nienburg (Salzlandkreis) gelegene Vorwerk des Schlosses besaß einen gleichgestaltigen Turm, wie historische Ansichten belegen.
Der durch sein 1589 errichtetes Wohnhaus mit Fachwerkoberstock und ein weiteres in Bruchstein errichtetes Wirtschaftsgebäude überaus malerisch wirkende, eingefriedete Pfarrhof in unmittelbarer Nachbarschaft der Dorfkirche ist ein anschauliches Zeugnis der Kulturgeschichte und städtebaulichen Entwicklung Gaterslebens (Abbildung 2).
Text: Birthe Rüdiger
Redaktion: Sabine Meinel, Uwe Steinecke
Online-Redaktion: Anja Lochner-Rechta