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Bienenkorbglocke, Kirche St. Marien, Drohndorf

April 2018

Der massige frühgotische Chorturm der Marienkirche in Drohndorf unweit von Aschersleben birgt in seinem Glockengeschoss wahre Kostbarkeiten. Neben einer um 1280 entstandenen großen Glocke (Nominal fis’-6) hängt an einem im 19. Jahrhundert überarbeiteten Holzjoch seitlich außerhalb des Stahlglockenstuhls eine kleine romanische Glocke in Bienenkorbform (Abbildung 1). Sie erklingt in h’’, hat einen Durchmesser von 517 Millimeter und wiegt etwa 100 Kilogramm. Unter den merkwürdigerweise noch in großer Anzahl in Sachsen-Anhalt vorhandenen Bienenkorbglocken ist sie neben der »Clinsa« im Merseburger Dom wohl die bekannteste. Im 19. Jahrhundert versuchte Friedrich Winfried Schubert, der sich um die Erforschung der Glocken im Herzogtum Anhalt sehr verdient gemacht hatte, die auf der Schulter in einem Schriftband umlaufende wirre Folge aus Majuskeln als Inschrift und Datierung 1098 aufzulösen. Doch ist diese Interpretation eindeutig abzulehnen. Die leicht geschweifte Flanke, der starke Schlagring, dazu der eher schon an Zuckerhutglocken erinnernde Klang verweisen die Drohndorfer Glocke hinsichtlich ihrer Entstehung in die Mitte bzw. das dritte Viertel des 12. Jahrhunderts.

Die sonst bei Bienenkorbglocken häufigen dreieckigen Foramina, Schalllöcher, auf der Haube fehlen. Die demnach zu den späten Bienenkorbglocken zählende Drohndorfer wird bis heute bei Taufen von Hand geläutet. Während die nicht minder wertvolle große Glocke, wohl noch aus der Bauzeit des Turmes, wegen eines Risses schweigt, bilden zwei Glocken aus wenig beständigem Eisenhartguss (Nominale c’’ und e’’) das gewöhnliche Geläut. 1921 bei Schilling und Lattermann in Morgenröthe- Rautenkranz gegossen, haben sie ihre ganz eigene Geschichte. Nachdem das Dorf Gremmin bei Gräfenhainichen, dessen Namen sie tragen, 1982 wegen des Braunkohlentagebaus devastiert wurde, die Dorfkirche 1985 schließlich abgebrochen war, kamen sie nach Drohndorf. Trotz der irregulären Schlagtonlinie passen sie nicht schlecht zu den beiden mittelalterlichen Schwestern. Eine denkmalgerechte Sanierung des interessanten vierstimmigen Drohndorfer Geläutes wäre sehr wünschenswert, dokumentiert es doch über 850 Jahre Glockengeschichte (Abbildung 2).


Text: Mathias Köhler
Online-Redaktion: Anja Lochner-Rechta

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