Richtstätten-Archäologie in Sachsen-Anhalt
Archäologische Ausgrabungen auf dem Galgenberg bei Quedlinburg erbringen spannende Einblicke
5. September 2024
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Auf dem ehemaligen Galgenberg in Quedlinburg finden derzeit archäologische Ausgabungen des Landesamts für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt statt. Historisch nachweisbar ist der Galgen auf dem ehemalige Galgenberg am heutigen Lehofsweg seit 1662. Zahlreiche Funde menschlicher Skelette und Skelettteile belegen die Ausübung der Hohen Gerichtsbarkeit an diesem Platz, der 1809 aufgegeben wurde.
Richtstättenarchäologie beschäftigt sich vorrangig mit der Erforschung der Spuren ehemaliger Richtstättenanlagen, wie zum Beispiel den Standorten historisch bekannter Galgen. Die Untersuchung solcher Orte ermöglicht bemerkenswerte Einblicke in die Strafpraxis des Mittelalters und der frühen Neuzeit. Bereits in den vergangenen zwei Jahren wurden im Bereich des ehemaligen Galgenberges in Quedlinburg Lehr- und Forschungsgrabungen durchgeführt. Der Galgen bestand ab 1662 und wurde erst 1809 aufgegeben. Aufgrund der zahlreichen Befunde und Funde wurden die Untersuchungen auch in diesem Jahr durch das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt weitergeführt und intensiviert.
Unter anderem gelang es in diesem Rahmen, eine Körperbestattung in einem hölzernen Sarg zu dokumentieren. Särge sind im Bereich von Richtstätten des Mittelalters und der Neuzeit sehr selten anzutreffen. Das im Sarg auf dem Rücken liegende Skelett mit im Bauchbereich gefalteten Händen war sehr gut erhalten. Darüber hinaus wurde dem Toten eine Rosenkranzkette mitgegeben. Diese vergleichsweise würdevolle Bestattung im Bereich einer Richtstätte deutet eher auf eine Selbsttötung als auf eine Hinrichtung hin. Personen, die den Freitod wählten, blieb die Bestattung auf einem regulären Friedhof verwehrt.
Bei der Bestattung eines auf dem Rücken liegenden Mannes, dessen Brustbereich unter großen Steinen begraben war, handelt es sich möglichweise um ein sogenanntes ›Wiedergängergrab‹. Aus Angst vor der Rückkehr des Toten wurde sein Leichnam beschwert und somit im Grab gebunden.
Neben vollständigen menschlichen Skeletten wurden 2023 auch zwei Knochengruben aufgedeckt, die in diesem Jahr weiter untersucht werden. In diese Gruben wurden die durch Verwesungsprozesse abgetrennten Körperteile der Gehängten oder Geräderten verbracht. Die Befunde belegen die Einbringung einzelner Körperteile im anatomisch korrekten Verband. Im Zuge periodischer Aufräumarbeiten wurde die Hinrichtungsstätte vom Scharfrichter und seinen Gesellen beräumt. Diese Vorgänge sind eindeutig im archäologischen Befund nachweisbar, da in den Gruben wahllos nebeneinander und aufeinander gestapelte Skelettreste in mehreren Schichten übereinander angetroffen wurden.
Neben menschlichen Überresten wurden auch Kleidungsreste, wie Knöpfe und Schnallen, sowie Keramikfragmente gefunden.
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