Neues zur Unterwasserarchäologie im Süßen See
6. Juni 2019
Die folgende Presseinformation ist auch als PDF zum Herunterladen erhältlich.
Der Süße See im Mansfelder Land steht im Mittelpunkt eines innovativen Forschungsprojektes des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt in Kooperation mit dem Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung (IOSB) – Institutsteil Angewandte Systemtechnik (AST), Ilmenau, dem halleschen Technologieunternehmen Midic GmbH, dem Wasserrettungsdienst Halle (Saale) e. V. und dem Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft Sachsen-Anhalt (LHW).
Die Ufer eines der beiden größten natürlichen Seen Sachsen-Anhalts waren seit der späten Bronze- und frühen Eisenzeit (um 1300 vor Christus) besiedelt, sodass auf seinem Grund mit einzigartigen archäologischen Befunden zu rechnen ist. Dies gab den Anlass für die Aufnahme der Forschungsaktivitäten im Jahr 2018 (siehe Presseinformation vom 26. April 2018). Der gesamte Seegrund wurde vermessen. In der folgenden Auswertung ließen sich potenziell archäologisch relevante unterseeische Strukturen identifizieren. Im Fokus der diesjährigen Mission stehen diese Bereiche, die auf alte Siedlungen und Grabanlagen hinweisen. Für deren Erfassung auf dem Seegrund sind besondere Methoden und Geräte erforderlich. So beträgt der Umfang des Sees knapp zwölf Kilometer, die Fläche damit ungefähr 250 Hektar. Den Seegrund bedecken Sedimente mit einer Stärke von teilweise mehr als acht Metern. Die Sichtweite für Taucher beträgt im Einsatzfall kaum mehr als einen halben bis ganzen Meter. Mit traditionellen taucharchäologischen Methoden ließe sich dieses Projekt – nicht zuletzt in solch einem Umfang – nicht umsetzen. Die Kombination automatisierter Verfahren für die Gesamtaufnahme des Seegrundes mit dem gezielten Einsatz von Forschungstauchern in archäologisch relevanten Detailbereichen dient einerseits der Methodenentwicklung und andererseits der Effizienzsteigerung unterwasserarchäologischer Untersuchungen.
Im Bereich der mutmaßlichen Siedlung aus der Bronze- oder Eisenzeit wird ein
3D-Sonar, montiert auf einen Katamaran, eingesetzt. Die letztjährigen Untersuchungen hatten Hinweise auf den urgeschichtlichen Seeuferverlauf ergeben. Die ehemalige Seeufersiedlung wurde später überflutet. Mit dem 3D-Sonar wird in diesem Jahr ein Bereich von ungefähr 200 Metern Länge hochauflösend vermessen. Die ergänzenden taucharchäologischen Untersuchungen erbrachten Funde von Keramik und hölzernen Wegeanlagen. Diese archäologischen Spuren deuten darauf hin, dass sich die Reste der urgeschichtlichen Siedlung bis zu 50 Meter weit in den heutigen See hinein erstrecken.
Das Umfeld der vermutlichen Grabanlagen umfasst ungefähr 400 Quadratmeter. Mittels eines halbautonomen Tauchroboters wird diese Fläche mit Unterwasser-Videokameras aufgezeichnet. Durch diese visuelle Aufnahme des Seegrundes werden die Strukturen genauer ansprechbar gemacht. In diesem Zuge wurden erste Funde mittelalterlicher Keramik (unter anderem ein sogenannter Beutelbecher) gemacht. Auch soll damit geklärt werden, ob der Süße See im 14. Jahrhundert nahezu ausgetrocknet war.
Aber auch die Geologie des Seegrundes ist Gegenstand der aktuellen Forschungen. Im Rahmen einer gemeinsam mit der halleschen Firma Midic GmbH durchgeführten Untersuchung, wurden unter anderem zahlreiche Einsturzbereiche am Seeboden gefunden. Die im Durchmesser bis zu vier Meter weiten und einen Meter tiefen Gruben deuten darauf hin, dass die Auswaschungsprozesse im Untergrund des Süßen Sees bis heute andauern und sich der Seeboden nach wie vor dynamisch verändert.
Kontakt
Dr. Alfred Reichenberger
Stellvertretender Landesarchäologe, Pressesprecher und Leiter der Öffentlichkeitsarbeit
+49 345 5247-312
areichenberger@lda.stk.sachsen-anhalt.de
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