Ein architektonisches Schmuckstück aus Kloster Posa
Erste Ergebnisse der aktuellen archäologischen Ausgrabungen
18. Juli 2023
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Seit 2017 finden auf dem Posaer Berg jährlich archäologische Ausgrabungen statt. Sie erbrachten bereits zahlreiche überraschende Einblicke in die Bau- und Nutzungsgeschichte sowie neue Erkenntnisse hinsichtlich der historischen Bedeutung der Anlage auf dem markanten Bergsporn über der Elsteraue. Im Mittelpunkt der laufenden Untersuchungen, die durch das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt und den neu gegründeten ›Verein zur Förderung der Archäologie und der historischen Forschung Zeitz e. V.‹ durchgeführt werden, steht der Bereich, in dem sich einst der Kreuzgang des Klosters befand. Trotz des Abtrags der Bauten zur Gewinnung von Steinmaterial für die Errichtung der Zeitzer Moritzburg und der anschließenden Planierung des Geländes im 17. Jahrhundert wurden hier Teile des Kreuzgangs in unerwartet gutem Erhaltungszustand angetroffen. Einen besonderen Fund und regelrechtes architektonisches Schmuckstück stellt ein vollkommen intakter verzierter Schlussstein dar, der von dessen Gewölbe stammt.
Archäologie in Kloster Posa 2017 bis 2023
Seit 2017 finden mit Unterstützung des Vereins ›Kultur- und Bildungsstätte Kloster Posa e. V.‹ und engagierter ehrenamtlicher Helfer jährliche archäologische Ausgrabungen unter der Leitung von Holger Rode auf dem Posaer Berg statt. Sie erbrachten bereits zahlreiche überraschende Einblicke in die Bau- und Nutzungsgeschichte sowie hinsichtlich der historischen Bedeutung des Geländes.
Die Untersuchungsergebnisse der vergangenen Jahre deuten darauf hin, dass sich hier bereits im 9. und 10. Jahrhundert eine Burg von erheblicher Bedeutung befand, in der womöglich bereits im 10. Jahrhundert ein erster Kirchenbau errichtet wurde. 1114 wurde auf dem markanten Bergsporn über der Elsteraue ein Benediktinerkloster gegründet, das im 17. Jahrhundert nahezu vollständig wieder vom Erdboden verschwand. 2017 konnten überraschend bauliche Überreste und die Lage der Klosterkirche identifiziert werden.
Im Fokus des Interesses der seit März 2023 laufenden aktuellen Forschungsgrabung steht der Bereich südlich der Kirche, in dem sich einst der Kreuzgang des Klosters befand. Die Untersuchungen werden durch das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt und den neu gegründeten ›Verein zur Förderung der Archäologie und der historischen Forschung Zeitz e.V.‹ durchgeführt.
Ein architektonisches Schmuckstück aus dem Kreuzgang – erste Ergebnisse der aktuellen Grabung
Die gegenwärtigen Arbeiten stehen hauptsächlich mit der Schaffung einer neuen Untersuchungsfläche in Zusammenhang. Dabei werden zunächst die mächtigen Schuttmassen beräumt, die nach dem Abriss des Klosters ab etwa 1657 auf der Fläche planiert worden waren. Das Kloster diente damals als Steinbruch zur Gewinnung von Baumaterial für den Neubau des Schlosses Moritzburg in Zeitz. Dabei wurden auch große Bereiche der Fundamente der Klostergebäude bis zum letzten Stein ausgebrochen.
Unter dieser planierten Schuttschicht wurden einige Bereiche des Südflügels der Klausur in unerwartet gutem Erhaltungszustand angetroffen. So ist die Nordfassade des Kreuzgangs hier auf einer Länge von etwa 10 Metern noch etwa 70 Zentimeter hoch erhalten. Imposant sind hier vor allem die in Quadermauerwerk ausgeführten Strebepfeiler zum Kreuzhof hin. An der Innenseite des Kreuzgangs haben sich sogar noch Reste von Verputz erhalten. Auch sind die Fußböden des südlichen Kreuzgangflügels noch fast vollständig vorhanden. Der obere bestand überwiegend aus einem sehr qualitätvollen roten Ziegelsplitestrich, der wohl die Anmutung von rotem Marmor haben sollte. Fehlstellen im Estrichboden deuten die Lage von Grabplatten an, die als wertvolles Baumaterial entnommen wurden. Gegenwärtig ist der ältere Fußboden des Kreuzgangs zu sehen, der aus einem Kalkmörtelstrich besteht.
Überraschenderweise fanden sich auch in den bis zu 1,80 Meter mächtigen Schuttschichten über den Ruinen größere Sandsteine, die offensichtlich bei der Bergung von Baumaterial übersehen worden waren oder vielleicht schlicht zu schwer waren. Neben Teilen der Gewölberippen des Kreuzgangs, die zum Teil sogar noch Reste einer roten Farbfassung aufweisen, stellt ein vollkommen intakter Schlussstein der ehemaligen Kreuzgangeinwölbung einen besonderen Fund dar. Auf seiner Schauseite sind Weinlaub und Trauben dargestellt. Sie verweisen auf die lange Geschichte des örtlichen Weinbaus, der erst vor einigen Jahren erfolgreich wiederbelebt wurde.
Der Fund des Schlusssteins und einiger anderer Werksteine ermöglicht nun eine vergleichsweise exakte Datierung des südlichen Kreuzgangflügels an das Ende des ersten Drittels des 14. Jahrhunderts. Vergleichbare Steine dieser Art sind aus dem Kreuzgang der Zeitzer Kathedrale und dem Dom zu Naumburg bekannt. Der Kreuzgang des 14. Jahrhunderts in Posa ersetzte einen romanischen Vorgänger. Auch an der 2017 wiederentdeckten Klosterkirche ist für das 14. Jahrhundert eine Modernisierung des ursprünglich romanischen Baus im Stil der Gotik nachweisbar.
Ausblick und Ziele des laufenden Jahres
Im Mittelpunkt der weiteren archäologischen Untersuchungen stehen, nach deren weiterer Beräumung und Freilegung, Teile des südlichen und östlichen Kreuzgangflügels sowie des Kreuzhofes. Ziel ist es, mehr über die ältere Kirche zu erfahren, die unter den gotischen und romanischen Mauern und Fußböden angenommen wird. Erste Spuren dieses mutmaßlichen frühen Sakralbaus konnten in den vergangenen Jahren aufgedeckt werden. Er wurde vermutlich im 10. Jahrhundert errichtet und brannte am Ende des 11. Jahrhunderts ab. Von großem wissenschaftlichen Interesse sind zudem die Befunde des 9. Jahrhunderts, die bisher die ältesten Nachweise einer Besiedlung des Posaer Berges sind und die in engem Zusammenhang mit der großen Wallanlage stehen, die den gesamten Berg einfasst.
Die Forschungsgrabung in Posa wird das ganze Jahr über weitergeführt und im Sommer durch Archäologie-Studierende der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg unterstützt, die hier im Rahmen einer Lehrgrabung praktisch ausgebildet werden sollen.
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Öffentlichkeitsarbeit
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