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Älteste Elfenbeinplastik außerhalb Süddeutschlands identifiziert

21. November 2017

Die folgende Presseinformation ist auch als PDF zum Herunterladen erhältlich.

Im Rahmen eines internationalen Kooperationsprojektes führt das Forschungszentrum und Museum für menschliche Verhaltensevolution MONREPOS in Neuwied, eine Einrichtung des Römisch-Germanischen Zentralmuseums Mainz (RGZM), in enger Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt - Landesmuseum für Vorgeschichte seit 2009 Ausgrabungen auf dem früh-jungpaläolithischen Fundplatz Breitenbach bei Zeitz im Burgenlandkreis durch. Der ausgedehnte Freilandsiedlungsplatz auf einem Sporn über dem Flüsschen Aga ist seit den 1920er Jahren bekannt und stellt eine der nördlichsten Stationen des sogenannten Aurignacien (circa 40.000 bis 33.500 vor heute), der frühesten Phase des dem Homo sapiens zugeordneten Jungpaläolithikums in Europa, dar.

Der rund 34.000 Jahre alte Fundplatz Breitenbach erbrachte bereits in der Vergangenheit spektakuläre Ergebnisse. So konnten dort vor fünf Jahren winzige Perlen aus der ältesten Elfenbeinwerkstätte der Welt mit klar voneinander abgegrenzten Arbeitsbereichen nachgewiesen werden. Verarbeitet wurde in dieser Werkstatt nicht nur ›frisches‹, sondern auch sehr viel älteres Mammutelfenbein, das offensichtlich vor deutlich mehr als 200.000 Jahren in Breitenbach angespült und abgelagert worden war.

Ebenfalls bereits im Jahre 2012 wurden mehrere Elfenbeinfragmente entdeckt, die erst kürzlich von Grabungsleiter Dr. Olaf Jöris und seinem Team als Bruchstücke einer sogenannten ›Venus‹-Figur aus Elfenbein erkannt wurden. Dabei handelt es sich um eine altsteinzeitliche, also paläolithische, Frauenstatuette. Drei kleine, nur zwischen 1,4 Zentimeter und 1,8 Zentimeter große, auf den ersten Blick sehr unscheinbare, jedoch sorgfältig oberflächig bearbeitete und polierte Elfenbeinfragmente aus Breitenbach lassen sich mühelos in vollständig erhaltene Figuren einpassen, wie sie etwa aus dem ›Hohle Fels‹ in der Schwäbischen Alb bekannt sind.

Im Aurignacien waren plastisch gearbeitete Statuetten bislang nur aus Höhlen der Schwäbischen Alb bekannt, die nicht zuletzt deshalb in diesem Jahr in das UNESCO-Welterbe der Menschheit aufgenommen wurden. Erst mit dem nachfolgenden ›Gravettien‹ (circa  33.500 bis 23.500 vor heute) finden sich figürliche Plastiken dann im gesamten eurasischen Raum. Die Funde von Breitenbach zeigen, dass (1) figürlich gearbeitete Plastiken im Aurignacien Teil einer Tradition sind, die in Mitteleuropa entstand und nicht allein auf den süddeutschen Raum begrenzt war. Daneben zeigen sie, dass (2) sich diese Idee erst mit dem Übergang vom Aurignacien zum ›Gravettien‹ ausbreitete. Breitenbach steht damit an der Wende eines überregionalen kulturellen Umbruchs, der sich wohl als ein Wandel der damaligen Weltanschauungen und des sozialen Miteinanders verstehen lässt.

Freilandfundstellen aus dieser frühen Phase des Jungpaläolithikums sind relativ selten erhalten. Die meisten Funde dieser Zeit stammen daher aus Höhlen, die jedoch durch spätere Nutzung vielfach überprägt sind. Im ausgehenden Aurignacien lag Breitenbach wegen der eiszeitlichen Vergletscherung am nördlichsten Rand der bewohnten Welt.

Vor etwas mehr als 40.000 Jahren besiedelte der moderne Mensch, Homo sapiens, erstmals Europa. Er traf dort auf Populationen von Neandertalern, die er nach und nach verdrängte, wenngleich es auch einen begrenzten genetischen Austausch zwischen beiden gab. Mit dem Auftreten des modernen Menschen lassen sich in Europa erstmalig Schmuck und Kunst nachweisen.

Die Funde von Breitenbach werden in der Sonderausstellung ›Klimagewalten – Treibende Kraft der Evolution‹ (Landesmuseum für Vorgeschichte Halle, 30.11.2017 bis 21.05.2018) erstmalig gezeigt.

Kontakt

Dr. Alfred Reichenberger
Stellvertretender Landesarchäologe, Pressesprecher und Leiter der Öffentlichkeitsarbeit
+49 345 5247-312
areichenberger@lda.stk.sachsen-anhalt.de

Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt
– Landesmuseum für Vorgeschichte –

Bildrechte der Pressefotos

Die Bildrechte an den Aufnahmen werden ausschließlich und einmalig für eine Publikation im Zusammenhang mit dem Pressetermin erteilt. Jegliche Wiederverwendung oder Neuauflage ist vorab schriftlich zu beantragen. Eine anderweitige Verwendung ist nicht gestattet. Die Bildrechte liegen, soweit nicht anders angegeben, beim Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt. Das Copyright ist stets vollständig und korrekt anzugeben. Wir bitten um ein kostenloses Belegexemplar der Veröffentlichung.

Auf Wunsch schicken wir Ihnen die Bilder gern zu. Bitte wenden Sie sich an die Öffentlichkeitsarbeit des Landesamts telefonisch unter +49 345 5247-384 oder per E-Mail unter oeffentlichkeitsarbeit@lda.stk.sachsen-anhalt.de.

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