Jahrgang 2004
Langjährige Grabungserfahrung zeigt, dass kulturhistorisch wertvolle Fundstücke nicht immer tief vergraben sein müssen. Häufig liegen sie nur knapp unter dem Pflughorizont. Der besonderen Aufmerksamkeit des ehrenamtlichen Bodendenkmalpflegers Hans-Jürgen Müller ist es zu verdanken, dass auf der MITGAS-Trasse Peißen-Wiederitzsch ein frühbronzezeitlicher Hortfund der Aunjetitzer Kultur vor dem Abbaggern gerettet werden konnte.
Ein nacktes Kindlein und ein Christuskopf - zwei archäologische Besonderheiten. Beide konnten im Sommer 2003 aus dem Schutt der Brandkatastrophe, die 1517 große Teile Naumburgs verwüstete, geborgen werden. Sie legen ebenso wie im Feuer verkohlte Nahrungsreste Zeugnis vom Alltagsleben der mittelalterlichen Bewohner der Saale-Stadt ab.
Das zeitliche Verhältnis der jungsteinzeitlichen Schnurkeramik-Kultur und Glockenbecher-Kultur sowie der frühbronzezeitlichen Aunjetitzer-Kultur in Mitteldeutschland ist bisher im Sinne einer ineinander verzahnten Abfolge verstanden worden. Es ist dabei unstrittig, dass die entwickelte Aunjetitzer-Kultur die beiden spätneolithischen Kulturen abgelöst und dabei wohl auch Einflüsse der späten Glockenbecher-Kultur aufgenommen hat.
Auf dem Grundstück Schlossplatz 4 in Wittenberg fand im Winter 2003/2004 eine umfangreiche archäologische Untersuchung statt. Der Grund für die Grabungen ist die hier geplante Errichtung eines Gesundheits- und Tagungszentrums. Von Anfang an herrschte bei den Bauherren ein reges Interesse an den archäologischen Forschungen.
Bei den Ausgrabungen auf der zukünftigen Trasse der Bundesstraße 6 im Landkreis Quedlinburg wurde im Sommer 2003 eine bemerkenswerte Doppelbestattung freigelegt: die Skelette zweier Männer liegen auffällig dicht nebeneinander. Als Todesursache kommt wohl Pfeilbeschuss in Frage. Jeweils im Brustkorb der Männer können die tödlichen Projektile sichergestellt werden. Wurden Sie Opfer kriegerischer Handlungen oder liegt womöglich eine rituelle Tötung vor?
Der Grafenhof an der Breiten Straße in Magdeburg wurde 1998 bei Ausgrabungen durch das Landesamt für Archäologie entdeckt. Er liegt auf dem Baugrundstück des zukünftigen und »letzten« Hundertwasserhauses und grenzt heute den Magdeburger Domplatz nach Nordwesten ab. Erstmals wird diese Hoffläche in einer Urkunde vom 10. März 1314 erwähnt. Hierin überträgt der Dompropst mit Zustimmung des Erzbischofs Burchhard das Landstück an die Stiftsgemeinde St. Nikolai für einen Kirchenneubau. Über ein halbes Jahrtausend nach ihrer Erbauung wird im Jahre 1959 die Ruine der 1945 ausgebombten Kirche abgerissen und an ihrer Stelle ein achtstöckiges Gebäude errichtet, das mittlerweile dem vorgesehenen Hundertwasserhaus weichen musste.
Auf einer archäologischen Ausgrabung nördlich der Unesco Welterbestadt Quedlinburg am Nordrand des Harzes zeichnet sich eine komplexe Siedlungsfundstelle ab. Diese datiert in die spätere Römische Kaiserzeit. Von der Siedlung selbst sind die Grundrisse von so genannten Grubenhäusern erhalten. Deren Fußboden lag, eingetieft wie bei einer Grube, bis zu einem Meter unter der damaligen (und heutigen) Oberfläche. Es finden sich ebenfalls die Reste von ehemaligen Lager - und Abfallgruben.
Vor 90 Jahren – am 1. August 1914 – begann der erste Weltkrieg. Dies ist der aktuelle Anlass die vorläufigen Ergebnisse einer archäologischen Untersuchung im Bereich der Trasse der Bundesstraße 6n vorzustellen, bei der Überreste eines Kriegsgefangenlagers dieser Zeit dokumentiert werden konnten. Ein unmittelbar neben der Neubautrasse liegendes, von Kriegsgefangenen errichtetes Denkmal erinnert noch an diesen Platz, an dem zeitweise bis zu 12000 Menschen interniert waren.
Die Himmelsscheibe von Nebra ist nicht nur ein beeindruckendes Zeugnis für die Beschäftigung des bronzezeitlichen Menschen mit astronomisch-religiösen Fragestellungen, sondern gibt daneben mit ihren Tauschierarbeiten auch eine bisher einzigartige Kostprobe bronzezeitlicher Goldschmiedekunst.
Über den Bau von neuen Autobahnen freut sich nicht nur die »Autofahrernation Deutschland« sondern auch die Zunft der Archäologen und Archäologinnen und ihrer Mitstreiter und Mitstreiterinnen. Schließlich werden im Vorfeld solcher gigantischen Baumaßnahmen auch umfangreiche archäologische Untersuchungen fällig.
Hier geht es zum Fund des Monats November.