Jahrgang 2019
Das Denkmaljahr 2019 stand unter dem Motto "Moderne in Sachsen-Anhalt". Von expressionistischen Hausfassaden in Magdeburg über Kachelöfen im Rathaus in Naumburg bis hin zu reich figürlich verzierten Treppengeländern in Bernburg und dem Atelierhaus des Bauhaues in Dessau reicht die Bandbreite der Moderne in Sachsen-Anhalt.
Bestaunen Sie diese und noch mehr Denkmale der Moderne in Sachsen-Anhalt!
Das wie mit breitem Reklamepinsel Ton in Ton gemalte Blockstreifenmuster erinnert an Bauhaus-Vorkurs-Arbeiten. Es ist ein beispielhafter Ausschnitt der opaken Fensterverglasung des repräsentativen Treppenaufgangs im Stendaler Kaufhaus Ramelow, das 1929/30 erbaut wurde. Der Neubau nach Entwurf des Berliner Architekten Fritz Ebhardt entstand zur Erweiterung einer Filiale der Firma Gustav Ramelow. Dessen erstes Kaufhaus in Stendal war 1906 auf dem Grundstück Breite Straße 21 gegründet worden.
Der Architekt und Naumburger Stadtbaumeister Friedrich Hoßfeld (1879 bis 1972) entstammte einer bekannten lokalen Künstlerfamilie. Bereits sein Vater Oskar Hoßfeld war ein bedeutender preußischer Regierungsbaurat, sein Großvater war Zeichenlehrer in Schulpforta. Noch traditionell in der preußischen Bauverwaltung ausgebildet, jedoch zunehmend durch die beginnende Moderne beeinflusst, wurden durch ihn in seiner Amtszeit (1918 bis 1930) zahlreiche qualitativ hochwertige und hervorragend in die Naumburger Stadtstruktur eingepasste Wohn- und Siedlungsbauvorhaben realisiert.
Bei der Bebauung der Otto-Richter-Straße im Magdeburger Stadtteil Sudenburg handelt es sich um eine frühe baugenossenschaftliche Wohnanlage, die in mehreren Bauabschnitten zwischen 1904 und 1916 mit 442 Wohnungen im Auftrag des Magdeburger Mieter-, Bau- und Sparvereins, dessen Begründer Otto Richter (1872–1927) war, errichtet wurde. Der heutige denkmalgeschützte Teil des Straßenzuges, die Häuser Nummer 1 bis 6 und 40 bis 45, entstanden in den Jahren 1905/08 nach Entwürfen der Architekten August Pitt und H. Messinger.
Die Lutherkirche in Weißenfels wurde 1926 bis 1928 nach Plänen des halleschen Architekten Raimund Ostermaier (1879 bis 1960) im konservativen Heimatschutzstil der Stuttgarter Schule errichtet. Durch ihre Hanglage, insbesondere aber durch ihren nadelspitzen Turm ist die Lutherkirche neben dem Schloss, der Marienkirche, der Bergschule und dem Bismarckturm eines der prägenden Bauwerke der Weißenfelser Stadtsilhouette.
Das Gebäude der ehemaligen Stadtsparkasse Sangerhausen befindet sich in der städtebaulich sehr vielfältig strukturierten Göpenstraße, einem in Nord-Süd-Richtung von der Gonna bergwärts zur Kylischen Straße ziehenden Straßenzug. Es handelte sich historisch um die Hauptstraße des sogenannten Göpenviertels. Die Straße mit ihren teilweise üppigen Fassadengestaltungen bildet eine prächtige Sichtachse auf das Rathaus (Blickrichtung Süd) bzw. auf die Spitzkegelhalde »Hohe Linde« (Blickrichtung Nord). Die überwiegend traufständige Bebauung reicht bis in das 16. Jahrhundert zurück, stammt aber vorwiegend aus der Gründerzeit. Architektonisch besonders bemerkenswert ist das Gebäude der ehemaligen städtischen Sparkasse im expressionistischen Formenduktus.
Das starke Bevölkerungswachstum ab Mitte des 19. Jahrhunderts in Halle erforderte eine Modernisierung der Wasserversorgung. Lange hatte man das Wasser ungefiltert aus der Saale entnommen. Schwere Cholera-Epidemien, so zuletzt 1866, waren die Folge. 1867/68 entstand das Wasserwerk Beesen und in diesem Zusammenhang auch der erste Wasserturm im Süden der Stadt. Die weitere Erschließung dieses Stadtteils durch die Ansiedlung von verschiedenen Betrieben und durch die 1926/27 errichteten Wohnhäuser des Bauvereins für Kleinwohnungen zwangen 50 Jahre später zu einem Neubau, da der Wasserdruck nicht mehr ausreichte.
Ab 1915 entstanden in Piesteritz bei Wittenberg die »Mitteldeutschen Reichswerke« als kriegswichtiger Betrieb zur Stickstoffherstellung. 1916 begann in unmittelbarer Nachbarschaft der Bau einer Werkssiedlung für die im Betrieb Beschäftigten, der bis 1919 weitgehend abgeschlossen war. Die städtebauliche und architektonische Planung lag in den Händen des jungen Schweizer Architekten Otto Rudolf Salvisberg, der als Mitarbeiter Paul Schmitthenners in Staaken bei Berlin bereits erste Erfahrungen im Siedlungsbau gesammelt hatte.
Als am 4. Dezember 1926 das Bauhausgebäude eröffnet wurde, verfügte es auch über das erste in einen Schulkomplex integrierte Studentenwohnheim. Das »Prellerhaus«, wie es auch nach dem gleichnamigen Atelierhaus des Weimarer Bauhauses genannt wurde, ist durch den Zwischenbau mit den übrigen Teilen des Ensembles verbunden, besitzt aber auch einen eigenen Eingang. Es ist mit dem erhöhten Kellergeschoss, der Kantinenküche im Erdgeschoss und den auf weiteren vier Etagen verteilten Atelierwohnungen zugleich der höchste Gebäudeteil des Bauhauses.
Die Kirche wurde 1929/30 nach einem Entwurf von Wilhelm Ulrich errichtet. Der Architekt löste brillant die spannende Bauaufgabe, sich an ein bereits vorhandenes Gebäude anzugliedern und trotzdem sein »hexagonales Architekturideal« zu verwirklichen. Der hexagonale Grundriss der Kirche zeigt jeweils drei abwechselnd lange und kurze Seiten. Er wirkt durch diesen Wechsel eher wie ein Dreieck mit abgeschrägten Ecken und verweist damit auf das Patrozinium.
Die Hermann-Beims-Siedlung ist neben den Siedlungen Reform und Curie die bedeutendste der Magdeburger Großsiedlungen aus der Zeit der Weimarer Republik. Sie wurde zwischen 1924 und 1932 im Auftrag des »Vereins für Kleinwohnungswesen« und der »Magdeburger Gemeinnützigen Heimstätten A.G.« auf der Grundlage des von Bruno Taut ausgearbeiteten Generalsiedlungsplans errichtet. Die Planung oblag dem Stadterweiterungsamt unter der Leitung von Stadtbaurat Johannes Göderitz unter Mitarbeit der Architekten Konrad Rühl, Gerhard Gauger, Willy Zabel und Adolf Otto.
Die Geschichte der malerisch am Mühlgraben gelegenen Kirche geht bis in die zweite Hälfte des 12. Jahrhunderts zurück. Von diesem Bau sind unter anderem der romanische Triumphbogen und die Sandsteintaufe in Kelchform erhalten. Der Chor mit dem spätgotischen Netzrippengewölbe stammt aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Das äußere Bild wird heute maßgeblich durch den barocken Umbau um 1700 bestimmt. Aus dieser Zeit stammt der über einem quadratischen Grundriss errichtete und ins Achteck überführte Turm mit der schönen Schweifhaube.
Das in unmittelbarer Nachbarschaft des Bernburger Schlosses befindliche Gebäude wurde 1756/57 als Fürstliche Reitbahn samt Marstall errichtet. Durchgreifende Veränderungen der Baugestalt ergaben sich nach Aufgabe der ursprünglichen Nutzung. Im Zuge des durch die anhaltische Bauverwaltung initiierten Umbaus zum Verwaltungsgebäude für die Kreiskommunalverwaltung 1919 bis 1923 durch Regierungsbaurat Hans Wendler wurde der vorhandene Einheitsraum der großen Reithalle aufgegeben.